Hochwassereinsatz für das THW OV Eschweiler
Starke Überflutungen im Stadtgebiet Eschweiler – Tiefdruckgebiet „Bernd“ sorgte für größten THW-Einsatz der Eschweiler Geschichte (14. - 26.07.2021)
(Bericht: Erwin Emmerich, BÖH THW OV Eschweiler Bilder: div. Helfer THW OV Eschweiler)
Auf Grund der Extremwetterlage des Tiefdruckgebiets „Bernd“ begann der 13-tägige Einsatz am Mittwochmorgen, dem 14.07.2021 um 06:00 Uhr mit der Anforderung zur Unterstützung des Nachbarortsverbandes Stolberg beim Sandsackverbau. In den Folgetagen entwickelte sich eine Einsatzstelle nach der anderen. Doch was war geschehen ?
Tagelange Starkregenereignisse mit teilweise extremen Niederschlagsmengen von bis zu 200 mm/m² in den Einzugsgebieten von Inde und Vichtbach ließen die Inde im Stadtgebiet Eschweiler rasch neue Höchststände erreichen. Bereits am Mittwochnachmittag, dem 14.07.2021, trat die Inde an einigen Stellen über das Ufer. Treibgut an den verschiedenen Indebrücken und Stromausfälle in Teilen Eschweilers erschwerten die Lage und das Wasser stieg weiter und weiter und flutete in der Folge ab ca. 19:00 Uhr, über die Kochsgasse kommend, die komplette Innenstadt und weitere tiefer gelegene Straßenzüge im gesamten Stadtgebiet. Mit einem Höchststand von 3,73 m am Donnerstagmorgen gegen 07:15 Uhr wurde ein neues Allzeitmaximum erreicht und dieses lag mit 1,33 m deutlich über der kritischen Marke von 2,40 Metern.
In der Nacht zum Donnerstag, dem 15.07.2021, spitzte sich die Hochwasserlage rund um das St. Antonius-Hospital derart zu, dass man das Krankenhaus aufgeben musste. Komplett umflutet, war es von der Außenwelt abgeschnitten und nachdem auch die Notstromversorgung ausgefallen war, wurde das Krankenhaus mit seinen rund 300 Patientinnen und Patienten Schritt für Schritt geräumt. Intensivpatienten wurden auch mittels Hubschrauberbergung in andere umliegende Krankenhäuser evakuiert.
In Folge der eingetretenen Lage rief die Städteregion Aachen den Katastrophenfall für Eschweiler und Stolberg aus.
Neben der Vielzahl an gefluteten Kellern wurden auch in diversen Straßenzügen sogar die Erdgeschosse vieler Gebäude durch die Wassermassen verwüstet.
Für den Unterlauf der Inde ergab sich in der Folge eines Dammbruchs bei Lamersdorf etwas Entlastung, auch wenn es durch das Eindringen der Inde in den Tagebau Inden dort zu folgeschweren Problemen führte. Ein RWE-Mitarbeiter wurde von den Wassermassen mitgerissen und konnte nach Tagen leider nur noch tot geborgen werden. In der Folge der Wassermengen wurde der Tagebau- und Kraftwerksbetrieb für viele Tage unterbrochen.
Eine weitere Verschärfung der Gesamtlage „Hochwasser 2021 in Eschweiler“ trat mit dem Bruch einer großen Trinkwassserleitung am Donnerstagmorgen ein. Neben dem Strom war nun auch die Trinkwasserversorgung in großen Bereichen der Indestadt unterbrochen bzw. das Wasser war nicht für den Verzehr geeignet.
Bis auf Weiteres ist auch der Regionalbahnbetrieb auf der Euregiobahnstrecke durch Eschweiler auf Grund der teilweise massiven Gleisunterspülungen ebenfalls eingestellt.
Ein „kleiner“ Teil der Arbeit im Stab der Stadt Eschweiler unter der Leitung der Bürgermeisterin Nadine Leonhardt war auch die Bereitstellung von diversen Notunterkünften für die Bedürftigen sowie die zahlreichen Einsatzkräfte. Auch die Verpflegung der Einsatzkräfte und Bedürftigen sowie die Bewältigung der gewaltigen Müllberge mussten genauso organisiert werden wie auch die Themen Strom- und Trinkwasserversorgung und viele Dinge mehr.
Eine Vielzahl von Einsatzaufgaben beschäftigte die durchschnittlich rund 20 eingesetzten Eschweiler THW-Einsatzkräfte und ihre THW Kameraden:innen aus den verschiedensten Ortsverbänden Deutschlands. Zur Spitzenzeit waren 11 THW Ortsverbände mit 28 Fachgruppen und einer Stärke von 180 Helferinnen und Helfern in Eschweiler tätig.
Und so beschäftigten sich die verschiedensten THW-Einheiten und Fachgruppen mit hauptsächlich folgenden Themen, die immer wieder in unterschiedlichster Intensität anfielen:
- Pumparbeiten (Großpumpen) z.B. im Krankenhaus, diversen Tiefgaragen und in der Kläranlage
- Pumparbeiten (kleinere Pumpen) z.B. in Aufzugsschächten und im „Häuserkampf“ von Keller zu Keller in ganzen Straßenzügen
- Trinkwasseraufbereitung und Trinkwasserverteilung an 19 Ausgabestellen im gesamten Stadtgebiet
- Notstromversorgung z.B. mit bis 875 KVA in der Kläranlage
- Evakuierung von betroffener Bevölkerung in Notunterkünfte
- Aufbau von zwei Zelten für die Ladung von Handys und Laptops der stromlosen Bevölkerung
- diverse Versorgungs- und Materialfahrten aller Art, von Getränken für die Trinkwasserausgabehelfer, Essensausgabestellen an die Bevölkerung, Tankfahrten an diversen Stromerzeugern, Feldbetten und Deckentransport etc.
- Komplettes Ausräumen der überfluteten Kellerräume zweier Untergeschosse des Krankenhauses
- Erkundungsfahrten an diversen Einsatzstellen zur Übernahme von Einsatzaufgaben
- Nachsorge / Kontrolle an Folgetagen nach bereits erfolgten Pumparbeiten des Häuserkampfes. Aufgrund von nachdringendem Grundwasser war teilweise bis zu vier Mal der gleiche Keller zu entleeren
- Zerlegung von Baumstämmen im Flussbett der Inde
- Entfernung von Treibgut (in der Hauptsache Bäume) an mehreren Brücken
- Räumarbeiten auf Straßen im Stadtgebiet
- Abtransport zerstörter PKW’s aus dem Flussbett Richtung Zwischenlager
Neben der tatkräftigen Unterstützung von drei Forstarbeitern vom Standort Großhau des Regionalforstamtes Rureifel-Jülicher Börde erhielten wir vielfältige Hilfe aus insgesamt 28 THW Ortsverbänden, die in unterschiedlicher Personalstärke und Dauer vor Ort hervorragende Arbeit leisteten. So waren im Stadtgebiet Eschweiler neben uns folgende Ortsverbände tätig: Aachen, Alsdorf, Balingen, Berlin-Lichtenberg, Berlin-Steglitz, Beuel, Bochum, Bremen-Ost, Bremen-Süd, Erkelenz, Gütersloh, Havixbeck, Herzberg, Herzogenrath, Ibbenbüren, Krefeld, Lemgo, Nörvenich, Oelde, Remscheid, Siegen, Stade, Stelle-Winsen, Uelzen, Velbert, Wanne-Eickel, Warendorf und Wetter. Wir möchten uns bei allen Helferinnen und Helfern auch im Namen der Eschweiler Bevölkerung recht herzlich für ihren tollen Einsatz bedanken.
Große Hilfe und Unterstützung erhielten die Notdürftigen in den betroffenen Stadtteilen nicht nur durch alle Kräfte der Hilfsorganisationen, sondern auch von einer Vielzahl an nicht betroffenen Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt. Auch wir als THW-ler erhielten tolle Unterstützung so bekochte und verwöhnte uns ein selbst vom Hochwasser betroffenes, thailändisches Restaurant am ersten Einsatzsamstag in unserer Fahrzeughalle.
Ein besonderer Dank gebührt den Arbeitgebern unserer Helferinnen und Helfer, die vollkommen unbürokratisch die mitunter mehrtägige Freistellung ihrer Mitarbeiter für diesen Großeinsatz ermöglicht haben.